DDR-Zeitzeugen in der politischen Bildung: Probleme und Potenziale

Dokumentation des 2. Werkstattgesprächs am 10.6.2010 in Potsdam

1. Input der Referent/-innen

1.1 Dr. Irmgard Zündorf, Zentrum für Zeithistorische Forschung (ZZF) Potsdam: Zeitzeugen: Wer? Wo? Wann? Wozu?                                                       

 In ihrem Beitrag ging Frau Zündorf auf Bitte des Veranstalters diesen vier, eng miteinander verbundenen Fragen nach. Diese seien jedoch nicht zu trennen von der Frage, was ein Zeitzeuge überhaupt ist.

Frau Zündorf schlug folgende Definition vor: Ein Zeitzeuge ist Träger von Erfahrungen und bereit, insbesondere Menschen, die nicht über diese Erfahrungen verfügen, darüber zu berichten. Dies kann in verschiedenen Kontexten geschehen: privat in der Familie oder in der Öffentlichkeit (z.B. vor Gericht oder in der Geschichtsvermittlung in Museen, Gedenkstätten, Schulen sowie im Fernsehen). Die Referentin betonte, dass zwischen verschiedenen Formen von Zeitzeugenschaft unterschieden werden muss. Zum einen sei zwischen historischen Perspektiven wie Repressions-, Herrschafts- und Alltagsgeschichte zu differenzieren. Zeitzeugen können daher potenziell sowohl Opfer, Täter, Mitläufer oder Mitlebende sein, Regierende und Regierte oder sogenannte „kleine Leute“. Unterschieden werden müsse zum anderen zwischen Zeitzeugen, die etwas „Besonderes“ und solchen, die das „Normale“ ihrer Zeit erlebt haben. Dabei sprechen Zeitzeugen je nach Prominenz oder Nicht-Prominenz aus unterschiedlichen Positionen heraus. Unterschieden werden müsse auch zwischen routinierten Zeitzeugen („Profis“) und Ersterzähler/-innen („Amateure“). In der Vermittlung von Geschichte kommen fast alles diese Typen vor. Zeitzeugen haben dabei meist weniger die Funktion einer Quelle detaillierten Wissens, sondern eher eine veranschaulichende Funktion, die Rezipient/-innen ermöglicht, sich geschichtliche Zusammenhänge vorzustellen und diese nachzuvollziehen.

Die Referentin betonte, dass sich die Figur des Zeitzeugen historisch entwickelt habe. Zeitzeugen habe es immer gegeben, jedoch habe sich der heutige Begriff von Zeitzeugenschaft erst nach 1945 entwickelt und bis heute gewandelt. Diese Entwicklung habe bereits direkt in der Nachkriegszeit begonnen. In Westdeutschland sei unmittelbar nach der Befreiung der Konzentrationslager mit der Befragung von Überlebenden begonnen worden, um angesichts fehlender Dokumente etwas über die Lagerrealität zu erfahren. In der SBZ bzw. der DDR seien ehemalige KZ-Häftlinge schon früh zu Zwecken der Geschichts­vermittlung instrumentalisiert worden, z.B. in Führungen durch ehemalige Konzentrations-lager oder als Gesprächspartner, z.B. in Schulklassen und FDJ-Gruppen. Die heutigen Erscheinungsformen von Zeitzeugen gehen laut Frau Zündorf aber eher auf Entwicklungen in der Bundesrepublik zurück. In den 1960er-Jahren habe vor allem im Rahmen des Frankfurter Auschwitz-Prozess der „Tatzeuge“ an Bedeutung gewonnen. Parallel dazu habe die Entwicklung des Dokumentarfilms im Fernsehen zur „Geburt des Zeitzeugen“ beigetragen. 1975 lässt sich die Verwendung des Begriffs „Zeitzeuge“ erstmals nachweisen. In den 1980er-Jahren sei  es durch lokalgeschichtliche Zugänge von Geschichtswerkstätten und dem alltagsgeschichtlichen Ansatz in der Sozial- und Gesellschaftsgeschichte zu einem breiteren Verständnis von Zeitzeugenschaft gekommen. Der „Kleine Mann“ habe dabei seinen Siegeszug als Zeitzeuge im Fernsehen gehalten, eben nicht als Zeuge eine speziellen „Tat“, sondern einer „Zeit“. Die Zeitzeugen-Aussagen stellten in den 1980er- und 1990er-Jahren damit auch einen Gegenpol zu den schriftlichen Quellen zur NS-Geschichte dar, die meist vom NS-Regime verfasst und bewahrt wurden. Die Entwicklung der Disziplin der Oral History habe parallel dazu erstmals Methoden und Kriterien für die Durchführung und für die Auswertung von Zeitzeugen-Interviews definierte. Seit den 1990er-Jahren sei eine Medialisierung des Zeitzeugen zu beobachten, was auch mit der Konkurrenz der öffentlichen Sender mit den Privaten zusammenhänge. So dominieren in Filmen von Guido Knopp kurze schnelle Schnitte, Zeitzeugen werden so zu „Stichwortgebern“, ihre Aussagen werden fragmentiert und emotionalisiert. Gleichzeitig werden sie z.B. durch die Wahl eines neutralen Hintergrunds (meist schwarz oder grau) als seriöse Quellen inszeniert und so zur „Beglaubigungsinstanz der medialen Geschichtserzählung“ (Sabrow). Die so geschaffenen Darstellungsmuster lassen sich Frau Zündorf zufolge in Medienstationen in Gedenkstättenarbeit wiederfinden. Die Präsenz von Zeitzeugen in den Medien habe auch deren Einsatz in Schulen und anderen Bildungszusammenhängen verstärkt.

Die Frage nach der Funktion von Zeitzeugen beantwortete Frau Zündorf für die Geschichtswissenschaft und die Geschichtsvermittlung unterschiedlich. In der Geschichtswissenschaft stehe die Frage nach dem Quellenwert von Zeitzeugen im Vordergrund. Dabei sei klar, dass Zeitzeugen ein konstruiertes Bild von Geschichte geben, das von den Rezipienten und der gegenwärtigen Situation abhängig sei und auch „dramaturgischen“ Gesichtspunkten folge. Zeitzeugen seien jedoch interessante Quellen, wenn ihre Subjektivität, ihre Erzählweise und Situationsbezogenheit reflektiert werde. Sie liefern Informationen für Bereiche, für die es keine schriftlichen Quellen gibt. Der Boom von Zeitzeugen in der Geschichtsvermittlung lasse sich zum einen auf ihre Aura des „Authentischen“ und zum anderen auf deren „lebendige“ Erzählstruktur zurückführen. Zeitzeugen dürfen emotional sein und Umgangssprache benutzen. Ihre Aussagen sind daher zugänglicher als etwa Autorentexte in einer Ausstellung, die eher sachlich und in Fachsprache abgefasst werden.  

Für den Einsatz von Zeitzeugen spreche also die Aura des Authentischen, Emotionalität und die Möglichkeiten personenbezogener und lokalgeschichtlicher Zugänge. Zeitzeugen stellen somit eine „Brücke“ zwischen Rezipient/-innen und Geschichte dar. Dabei gehe es jedoch oft weniger um das was er sagt, als um das wie er es erzählt (Wierling). Kritisch ist demnach der Einfluss von Zeitzeugen auf Rezipient/-innen zu bewerten, der aufgrund der Eindrücklichkeit, Erfahrungsdifferenz und Emotionalität überwältigend sein kann. Mit der Karriere des Zeitzeugen stiegen auch die Erwartungen an ihn und diese wiederum verstärken die Macht der inneren Drehbücher (Wierling): Danach erzählen Zeitzeugen eine gelungene Geschichte zum Beispiel immer wieder, entwerfen ihre eigene Rolle und nutzen die Öffentlichkeit um ihre Sicht zu vermitteln.

Der Referentin zufolge wirken Zeitzeugen und ihre Emotionalität positiv auf das Interesse der Rezipient/-innen, sie können sich aber auch negativ auf didaktische Ziele der Geschichtsvermittlung auswirken, wenn sie mit ihren Erinnerungen und Emotionen allein den Rezipient/-innen gegenüberstehen. Als „Mittler zwischen den Welten“ sind Zeitzeugen für Frau Zündorf in der Geschichtsvermittlung daher sehr gut geeignet, ihr Einsatz sollte jedoch in jedem Fall vor- und nachbereitet werden.

In der anschließenden Diskussion war besonders die Frage kontrovers, ob auch Täter Zeitzeugen sein können. Außerdem wurde deutlich, dass einige der anwesenden Zeitzeugen der Reflexion ihrer Rolle aus wissenschaftlicher Perspektive nicht in allen Punkten folgten. 

1.2 Ulrike Schneider, Zeitpfeil: Die Wirkung von Zeitzeugen auf jugendliche Teilnehmer/-innen der politischen Bildung

 Ulrike Schneider stellte eine Selbstevaluation von Zeitpfeil zum Einsatz von DDR-Zeitzeugen im Rahmen von Studienreisen vor, die Zeitpfeil und der Politische Arbeitskreis Schulen e.V. für Jugendliche und junge Erwachsene aus NRW durchführen. Diese Seminare verstehen sich als Einstiegsangebote historisch-politischer Bildung und haben die Vermittlung und Reflexion zentraler Aspekte der NS-, DDR- und bundesrepublikanischen Geschichte sowie aktueller politischer und sozialer Entwicklungen am Beispiel der Stadt Berlin zum Ziel. Im Rahmen dieser Veranstaltungen kommen Zeitzeugen bei Führungen durch Museen und Gedenkstätten sowie Gesprächsrunden zum Einsatz. Im Vordergrund der Auswertung stand dabei die Frage nach den Wirkungen von Zeitzeugen auf die Teilnehmer/-innen im Alter zwischen 15 und 25 Jahren. Insgesamt wurden 280 Fragebögen ausgewertet, die zur Evaluation der Seminare dienen.  

Die Auswertung bestätigt die Attraktivität von Zeitzeugen, kommt jedoch auch zu Hypothesen, die Problematiken der Arbeit mit Zeitzeugen verdeutlichen:

  1. Zeitzeugen haben die Teilnehmer/-innen nachhaltig und am meisten beeindruckt. Zeitzeugengespräche stellen für sie eine „authentische“, „ehrliche“ und „emotionale“ Form von Geschichtsvermittlung dar, die oftmals mit einer Perspektivübernahme des Zeitzeugen einhergeht. Dahinter treten um Differenzierung und Komplexität bemühte Vermittlungsansätze seitens der Seminarleitung zurück.
  2. Die Kompetenz und Autorität des Zeitzeugen wird nicht angezweifelt. Ihnen allein wird die „Wahrheit“ der geschichtlichen Vermittlung zugeschrieben. Kritische Einwände der Seminarleitung werden als „störend“ und „respektlos“ beurteilt.
  3. Die Reihenfolge des Einsatzes von Zeitzeugen, die über Verfolgung und Haft oder über den DDR-Alltag berichten, beeinflusst entscheidend den Vermittlungsprozess. Eine größere Offenheit gegenüber Alltagszeitzeugen z.B. zum Thema Jugend in der DDR, ist meist nur vorhanden, wenn diese Perspektive im Programm innerhalb des Seminarprogramms nach der Repressionsperspektive (z.B. Zeitzeugenführung in der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen) folgt.

Zeitzeugen verfügen damit über große Autorität insbesondere bei jüngeren Teilnehmer/-innen. Es bestehen Gefahren der Überwältigung und der Reduktion von Kontroversität. Frau Schneider formulierte deshalb methodische Anforderungen an die Arbeit mit DDR-Zeitzeugen:

  1. Es bedarf der Einführung von Minimalstandards für den Einsatz von Zeitzeugen. Dazu gehört die intensive Vor- und Nachbereitung von Zeitzeugengesprächen, bei denen biografische Informationen und Kontextualisierung in Hinblick auf die unterschiedlichen Phasen der DDR-Geschichte vermittelt werden.
  2. Die Arbeit mit komplementären und konträren Zeitzeugenperspektiven sollte verstärkt werden, da darüber gesellschaftliche Kontexte besser vermittelt werden können.
  3. Bisher spielt der geschichtliche Kontext der alten Bundesrepublik nur eine untergeordnete Rolle. Eine stärkere Betonung der „Verflechtungen“ und „Abgrenzungen“ (Kleßmann) innerhalb der deutsch-deutschen Beziehungsgeschichte würde neue Möglichkeiten, der Vermittlung von DDR-, aber auch BRD-Geschichte ermöglichen.
  4. DDR-Zeitzeugenschaft muss näher erforscht und kontextualisiert werden. Die veränderten Vorzeichen der DDR-Zeitzeugenschaft sind im Hinblick auf Medialisierung und Rezeption von Zeitzeugenaussagen, den historischen und zeitgenössischen Ost-West-Kontext und die Pluralität und Konkurrenz von Erinnerungen zu beachten. Des Weiteren ist die Äußerungssituation von Zeitzeugen einzubeziehen.

In der Diskussion wurde vor allem auf die Problematik von Exkursionsprogrammen in Berlin abgehoben, die mit ihren oft überfrachteten Programmen und der Fokussierung auf wenige Orte einem „Geschichtstourismus“ Vorschub leisten können. Dabei wurde deutlich, dass die Gestaltung solcher Seminare auch von Erwartungen von jugendlichen Teilnehmer/-innen und deren Begleiter/-innen abhängt. Diese Diskussion führte zurück zu der wichtigen Frage, wann historische Bildung zu politischer Bildung werde. Dabei wurde angeregt, die Teilnehmer/-innen an Veranstaltungen politischer Bildung nicht nur als Zuschauer/-innen oder Zuhörer/-innen, sondern auch als Zeitzeugen zu begreifen, nämlich als Zeugen ihrer Zeit, der Gegenwart. 

1.3 Moritz von Rappard, Dramaturg und Kurator, Berlin: Zeitzeuge Radio?

 Moritz von Rappard unterstrich, dass 20 Jahre nach dem Mauerfall die DDR und der Kalte Krieg im kommunikativen Gedächtnis sehr präsent seien. Dabei bestehe in vielerlei Hinsicht Uneinigkeit, was die Bewertung dieser Epoche angeht. In vielen Veranstaltungen mit Zeitzeugen komme es jedoch nicht zu kontroversen Diskussionen. Zeitzeugengespräche seien oft monologisch strukturiert und der Respekt vor Zeitzeugen und ihren gelebten Erfahrungen mache es schwierig, kontroverse und kritische Diskussionen zu beginnen. Die Perspektiven, Erfahrungen und Meinungen des Publikums würden so oft zu kurz kommen.

Die Arbeit mit dem Medium Radio bietet Herrn von Rappard zufolge eine Alternative bzw. eine Ergänzung zur Arbeit mit Zeitzeugen. In den Archiven gäbe es tausende Stunden authentisches Material zu fast allen Themen, das leider bislang nur schwer zugänglich sei und somit fast nicht genutzt würde. Neben der politischen Geschichte könnten z.B. durch Features, Hörspiele, Krimis oder Science Fiction zahlreiche gesellschaftliche und kulturelle Aspekte beleuchtet werden. Auch könne Material aus der BRD und DDR miteinander konfrontiert werden, wodurch Unterschiede, Gemeinsamkeiten und Wechselwirkungen deutscher Zweistaatlichkeit in den Blick genommen werden könnten. Das Material wirke aufgrund der dem Medium immanenten Unmittelbarkeit besonders stark, weil es keine Ablenkung durch das Visuelle gäbe. Darüber hinaus  würden die Unterschiede in der Machart im Vergleich zu heutigen Radiosendungen dazu beitragen, einen kritischen Umgang mit den Medien zu fördern. 

Der Referent stellte zwei Beispiele aus seiner Projektarbeit vor. In der Veranstaltungsreihe „Denkmal Hörspiel“ führte von Rappard 2002 Hörspiele aus BRD und DDR an prominenten Orten in Berlin auf. Alle Veranstaltungen fanden an Orten statt, deren vielschichtige Geschichte heute kaum nachvollzogen werden kann. Dabei ging es um die Suche nach den Spuren des Alltags auf beiden Seiten der Mauer. 

2009 folgte die Veranstaltungsreihe „Radio Geschichte DT64“, im Rahmen derer von Rappard insgesamt 14 Sendungen des ehemaligen DDR-Jugendsenders DT 64 im Berliner Zeughauskino präsentierte. Ausgewählt wurden Interviews, Reportagen und Gesprächssendungen aus drei Jahrzehnten DDR-Geschichte, die die Situation vor und nach dem Mauerfall illustrieren. Nach dem gemeinsamen Hörerlebnis seien ehemalige Redakteure des Senders  mit Gesprächspartnern aus dem Westen (Verantwortlichen aus Kultur oder Politik, Journalisten und Radiomachern) sowie das Publikum in einen unmoderierten Ost-West-Dialog über das Gehörte getreten. Dass die Sendungen viel Diskussionsstoff boten, zeigten nicht zuletzt die informellen Gespräche, die bereits während des Hörens beim Publikum entstanden. In den Diskussionen ging es um historische Kontexte, aber auch um die Spielräume der damaligen Medienmacher in der DDR angesichts Zensur und Kontrolle. Auch die jüngere Mediengeschichte nach 1989 wurde angesichts des Abstands zum Material zu einem spannenden Thema. 

Um die Wirkung des Materials zu illustrieren, präsentierte von Rappard unter dem Titel "Ich träume mir die DDR" einen zehnminütigen Mitschnitt aus einer öffentlichen Diskussion, die am 25.10.1989 im Berliner Haus der jungen Talente stattgefunden hatte und von DT64 ausgestrahlt wurde. Zu diesem Zeitpunkt war noch nicht klar, dass zwei Wochen später die Mauer offen sein würde. Bärbel Bohley, Markus Wolf, Hartmut König, Stefan Heym und andere ziehen in ihren Beiträgen eine Art Zwischenbilanz über 40 Jahre DDR und sprechen über ihre Träume und Visionen einer DDR der Zukunft. Die Hörprobe hatte den versprochenen Effekt, nämlich, dass es innerhalb der Veranstaltung zu Diskussionen über eigene Erinnerungen und Sichtweisen der Ereignisse im Jahr 1989 kam.

Der Ansatz, Medien als Zeitzeugnisse zu nutzen, wurde in der Diskussion sehr begrüßt. Es ergeben sich innovative Veranstaltungs- und Vermittlungsformate, die die „klassische“ Arbeit mit Zeitzeugen sehr gut ergänzen können. Denkbar ist die Kombination von Radio und Zeitzeuge oder von Radio und Gebäude. Die Arbeit mit Medien ermöglicht in besonderer Weise Bezüge und Vergleiche zwischen Ost und West. Es wurde auch angeregt, mediengeschichtliche Ansätze über den bisher engen Kanon von Spielfilmen (z.B. „Good bye Lenin“, „Sonnenallee“, „Das Leben der Anderen“) stärker zu nutzen und etwa Comics oder Fernsehspiele einzusetzen. Allerdings wurde angemerkt, dass solche Ansätze in der Jugendbildung einer spezifischen Didaktik und Vorbereitung bedürfen. 

 

2. Zusammenfassung der Diskussion aus Sicht des Veranstalters

 2.1 Definition von Zeitzeugenschaft

2.2 Potenzial der Arbeit mit Zeitzeugen in der schulischen und außerschulischen Bildung

2.3 Probleme beim Einsatz von Zeitzeugen in der politischen Bildung

2.4 Schlussfolgerungen und Anregungen

Der Einsatz von Zeitzeugen in der politisch-historischen Bildung bringt gerade beim Thema DDR besondere methodische Anforderungen mit sich. Es besteht weiterer Forschungsbedarf zum Thema sowie die Notwendigkeit von Fortbildungen und methodischen Handreichungen. Angesichts des Anspruchs politisch-historischer Bildung sollten mit Blick auf den Beuthelsbacher Konsens Minimalstandards formuliert werden, wobei folgende Aspekte wichtig sind (vgl. Vorschlag der Sondierungsforen des Laboratoriums Demokratie 2009):

  1. Zeitzeugen sollten als subjektive Quellen angesehen werden, deren Erzählungen analysiert und kontextualisiert werden müssen. Subjektivität ist dabei nicht mit Unwahrhaftigkeit gleichzusetzen, vielmehr geht es darum, verschiedene Perspektiven zu erkennen und zu reflektieren.
  2. In der politischen Bildung sollte mit mehreren, mindestens zwei Zeitzeugenperspektiven zu einem Thema gearbeitet werden, wobei auch unterschiedliche Typen von Zeitzeugenschaft einbezogen werden sollten.
  3. Die Arbeit mit Zeitzeugen muss in die Konzeption eines Gesamtprogramms eingebettet werden. Veranstalter und Träger politischer Bildung müssen sich dabei ihrer Auswahl- und Rahmungsfunktion bewusst sein und diese transparent machen.
  4. Der Einsatz von Zeitzeugen muss mit diesen und den Teilnehmer/-innen methodisch angemessen vor- und nachbereitet werden. Die Teilnehmer/-innen sollten dabei dazu angeregt werden, Informationen und Eindrücke produktiv zu verarbeiten.
  5. Besonderes Augenmerk sollte auf die Gestaltung dialogischer Kommunikationssituationen gelegt werden, bei denen die Teilnehmer/-innen nicht nur als Fragende aktiv beteiligt sind.
  6. Die Arbeit mit Zeitzeugnissen (insbesondere mit medialen Quellen) kann Alternativen und Ergänzung zur Arbeit mit Zeitzeugen darstellen.

2.5 Kontroverse, offene und weiterführende Fragen